GESTALTUNG DES MAHNMALS

Das Danube Memorial verbindet öffentliche Erinnerung mit partizipativen Methoden undrepräsentiert daher ein neuartiges Mahnmal-Konzept, das durch aktives Engagement und einen respektvollen Zugang bestimmt wird. Das Projekt soll in Wien vielfältigste kulturelle Aktivitäten auslösen und beitragen, benachbarte Bezirke miteinander zu verbinden, indem es die kommerziellen Einrichtungen am Donaukanal um einen historischen und kulturellen Treffpunkt erweitert.

Das Projekt beginnt am 5. Mai, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen und dem offiziellen österreichischen „Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus“ und endet am 16. Juni. 2013 jährt sich zum 75. Mal der „Anschluss“ Österreichs

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Ab 5. Mai 2013 wird eine Gruppe in Wien lebender Graffiti-Künstler mithilfe von Schablonen die Vor- und Nachnamen der ermordeten Opfer des Nationalsozialismus an die Mauern entlang des Donau-Kanals im 2. Bezirk sprühen. Das Mahnmal wird symbolisch den Raum zwischen Vergangenheit und Gegenwart und praktisch jenen zwischen Salztor- und Marienbrücke am Donaukanal einnehmen. Da die Farben allmählich verblassen, werden die Namen nur noch als Spuren sichtbar sein – in einen Raum zwischen Erinnern und Vergessen.

Die Handbewegung der Sprayer verkörpert nicht nur den schaffenden Künstler, sondern manifestiert auch die Erinnerung an die Opfer. Im Laufe der sechswöchigen Arbeitsschichten, transformiert der Donau-Kanal allmählich zu einem Gedenkraum, der die Namen zigtausender während des Nationalsozialismus ermordeter Opfer enthält. Fotografen und Videofilmer werden die Arbeit der Künstler dokumentieren und die Namen erfassen. Leerstellen an den Wänden symbolisieren die hohe Zahl der unbekannten Opfernamen.

Es ist zu einem allgemeinen Bedürfnis und einer Selbstverpflichtung geworden, die Namen der Opfer eines Genozids zu benennen und dafür neue ritualisierte Formen zu entwickeln. Das Mahnmal, das als erstes in Europa alle Opfer eines Landes erfasst, würde die historische Faktenlage spiegeln. Als Grundlage dient eine umfassende wissenschaftliche Recherche. Gereiht nach dem Geburtsdatum von den Ältesten zu den Jüngsten und in alphabetischer Folge, lässt sich die Mauer als Geschichte der bedrohtesten Gruppen lesen.

Das Danube Memorial bildet einen neuen, umfassenden Rahmen für die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus. Im Unterschied zu den Online-Datenbanken beanspruchen diese beim Danube Memorial-Projekt einen realen Platz am Kanal, sodass auch die für namenlose Opfer gesetzte Leerstellen Aussagekraft haben. Bei Genoziden sind Gruppen das Ziel der Verfolgung, und die Individuen werden ausgelöscht. Aufgrund der archivarischen Überlieferung schreiben Datenbanken die ermordeten Individuen wieder in die Gruppen-Klassifikationen der Täter ein. Das Danube Memorial wird individuelle Identitäten wiederherstellen und besondere Strategien entwickeln, um die verschiedenen Gruppen zueinander in Beziehung zu setzen und dennoch alle Individuen als gleichwertige Opfer zu respektieren. Zudem soll es Aufmerksamkeit für die Vergessenen wecken. Die Rechercheergebnisse sollen sowohl eine vergleichende Analyse der unterschiedlichen Formen der Verfolgung als auch die unterschiedlichen Systeme der Erfassung der verschiedenen Opfergruppen beinhalten. Durch symbolische Methoden der Repräsentation wird das Danube Memorial-Projekt neue Zugänge der Inklusion und Differenzierung für die Erinnerungskultur eröffnen.

Übersetzung durch Andrea Huemer, Ph.D.

 

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